Kalenderblatt — November 2015

Kalenderblatt_November_2015

Novem­ber

Eines Abend, nach einem erfüll­ten Tag in Assi­si und einer inten­si­ven „Begeg­nung“ mit Kla­ra und Fran­zis­kus vor dem Kreuz in San­ta Chia­ra, beim Hin­aus­ge­hen auf die Piaz­za wur­de mein Blick gefes­selt von die­sem Abend­him­mel, wie wir ihn in die­sem Monat auf dem Kalen­der­blatt sehen können.

In der Medi­ta­ti­on ging mir vie­les durch den Kopf, auch und beson­ders die „Sor­ge“ um mei­ne Geschwis­ter, um unse­re Gemeinschaft.

Neue Wege, im Geist des Evan­ge­li­ums, mit den Geschwis­tern, beson­ders auch mit „Chia­ra und Fran­ces­co“ gehen zu kön­nen, ist eine wun­der­ba­re Gna­de, wie sie der Him­mel über S. Maria Mag­gio­re nach Wes­ten in eine gelieb­te Wei­te im mil­den Licht der Abend­son­ne führt.

Das lässt mich gera­de den­ken an eine Geschich­te der Beiden …

Rosen im Winter
Eine moder­ne Legen­de zu Franz und Kla­ra von Assisi

In der Früh­zeit ihrer Gemein­schaf­ten wan­der­ten Fran­zis­kus und Kla­ra eines Tages vom Städt­chen Spel­lo durch Oli­ven­hai­ne und Eichen­wäl­der zurück nach Assi­si. Dabei waren sie nicht wenig beun­ru­higt. Ein Haus hat­te ihnen die Türe geöff­net und auf ihre Bit­te hin etwas Brot und Was­ser gege­ben. Dabei hat­ten die Bei­den aber böse Bli­cke auf sich gezogen,
und sie muss­ten pein­li­ches Geflüs­ter mit ver­steck­ten Wit­zen und phan­ta­sie­rei­chen Anspie­lun­gen hinnehmen.

Schwei­gend tra­ten sie nun hin­aus vor die unter­ge­hen­de Son­ne. Es war die kal­te Jah­res­zeit, und das Land lag rings­um mit Schnee bedeckt.

Als es am Hori­zont dun­kel­te, unter­brach Fran­zis­kus das trau­ri­ge Schwei­gen: „Schwes­ter, hast Du ver­stan­den, was die Leu­te über uns gesagt haben?“ Damals ver­folg­te die römi­sche Kir­che näm­lich mit aller Här­te Lai­en, Frau­en und Män­ner, die das Evan­ge­li­um wie die Apos­tel leb­ten und gemein­sam umher zogen.

Kla­ra gab kei­ne Antwort.

ROSEIhr Herz war wie zuge­schnürt, und sie spür­te, dass ihr Trä­nen näher waren als Wor­te. „Es ist Zeit, uns zu tren­nen“, sag­te schließ­lich der hl. Franz. „Du wirst noch vor Ein­bre­chen der Nacht in San Dami­a­no sein. Ich wer­de allein gehen und Dir fol­gen, wie Gott mich führt.“

Da brach Kla­ra in Trä­nen aus, blieb auf dem Weg ste­hen, fass­te sich dann aber und ging gesenk­ten Haup­tes wei­ter. In einem Wald stand sie still und war­te­te auf den Bru­der: „Wann wer­den wir uns wie­der­se­hen?“ „Im Som­mer, dann, wenn die Rosen blü­hen“, erwi­der­te der Pover­el­lo. Da geschah etwas Wun­der­ba­res: Rings­um blüh­ten Rosen auf den reif­be­deck­ten Hecken. Nach dem ers­ten Stau­nen eil­te Kla­ra, pflück­te einen Strauß Rosen und leg­te ihn Franz in die Hände.

Arnal­do Forti­ni, nach einer umbri­schen Volkserzählung
Mit einem Bild von René Vil­li­ger: „Rosen im Winter!“

Wie­der ein­mal wur­de / wird mir bewusst: Stau­nend und still ver­har­rend vor dem Por­tal von S. Chia­ra darf ich erle­ben wie mein Blick, der Blick mei­nes Her­zens durch das mil­de Abend­licht in die Wei­te geführt wird. Der Abend­ge­sang der Vögel kommt dazu, ich schlie­ße die Augen und
darf schwei­gend – hören, Wor­te aus 2 Sam 22,3:

Du Gott, bist mei­ne siche­re Zukunft, mein Beschüt­zer, mein star­ker Hel­fer, mei­ne Fes­tung auf stei­ler Höhe! Zu Dir kann ich flie­hen, Du schützt mich vor aller Gewalt!“

Bru­der Wolf­gang Novak, CFPB